
Zur Feier des 75. Geburtstags des Grundgesetzes – Herr Bundespräsident a.D. Christian Wulff am Gymnasium Großburgwedel
Für die einen ist es die größte Errungenschaft der deutschen Geschichte und Grundlage der Entstehung eines demokratischen Staates, für die anderen eher etwas, das als selbstverständlich angesehen wird: Am 23.05.2024 jährte sich der Geburtstag des Grundgesetzes zum 75. Mal und zu diesem besonderen Anlass besuchte uns einige Tage später der Bundespräsident a.D. Christian Wulff.
In der 3./4. Stunde fanden sich die Jahrgänge 10-12 in der Aula ein. Christian Wulff trat mit seiner Expertise und in der Rolle als Mahner und Wahrer des Grundgesetzes auf, mit dem Ziel der Sensibilisierung der Schülergemeinschaft für die Bedeutung und Geschichte unseres Grundgesetzes.
Zu Beginn hielt Herr Wulff eine kleine Rede, die er mit der Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes einleitete und mit einer anschaulichen PowerPoint untermalte. Hierbei ging er auch speziell auf die Dankbarkeit ein, die ihn überkomme, sobald er an die vergleichsweise friedlichen politischen Verhältnisse denkt, unter welchen er aufwuchs. Für viele ältere Generationen ist die Demokratie und der europäische Frieden, welcher für uns heute kaum noch wegzudenken ist, ein Geschenk, das es zu wahren und zu verteidigen gelte.
Und genau um diesen Aspekt drehte sich auch maßgeblich die Veranstaltung. In Zeiten, die zunehmend geprägt sind von aufkommendem Rassismus und offenkundiger Ausländerfeindlichkeit sei es umso wichtiger, dass die Menschen wieder näher zusammenfänden und die Demokratie verteidigten. Herr Wulff brachte ein Zitat der Holocaustüberlebenden Margot Friedländer mit, welches die Gefahren der aktuellen Lage in der deutschen Gesellschaft deutlich aufzeigt. „So hat es damals auch angefangen“, sage die mittlerweile 102-Jährige in Bezug auf die derzeitigen gesellschaftlichen Strömungen. Laut Wulff könne die von uns so geschätzte Demokratie ohne Weiteres plötzlich verschwinden, verteidige man sich nicht gegen die Angriffe der Demokratiefeinde.
Ebenfalls ging Christian Wulff auf das Grundgesetz direkt ein und auf die elementarsten Artikel, die das Grundgerüst für unseren heutigen Staat bildeten. Den ersten Satz des Artikel 1 „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ bezeichnet er selber als „schönsten Satz der deutschen Sprache“. Auf diesem Satz bauen all die folgenden Gesetze auf, die unser Zusammenleben in Deutschland schützten und gestalteten. Trotzdem sollte, nach Wulff, nicht verleugnet werden, dass zunehmend auch Unstimmigkeiten im Land aufkämen, auf welche Wulff mit einer gewissen Angst schaut. Statt friedlicher Kommunikation könnten die Menschen solchen Diskrepanzen auch schnell mit Konfrontation begegnen, was es möglichst zu vermeiden gelte. Den Aufruf Friedländers „Lasst euch nicht vom Bösen anstecken“, hebt Wulff hierbei auch gezielt hervor und appelliert damit an jeden Einzelnen.
Im Anschluss präsentierte der ehemalige Bundespräsident noch eine Idee, die die Umbenennung des Grundgesetzes in „Gesamtdeutsche Verfassung“ vorsieht. Dazu solle der 23. Mai als Gründungstag und damit Geburtstag der Bundesrepublik Deutschland, sowie als Tag des Inkrafttretens des Grundgesetzes, zum Staatlichen Feiertag erklärt werden. Der 03.10. könne hingegen als nationaler Gedenktag in Erinnerung an die Vollendung der Einheit Deutschlands dienen. Zudem solle nicht mehr von alten und neuen Ländern gesprochen werden und damit ein Beitrag zur inneren Einheit Deutschlands geleistet werden.
Nicht müde wurde Wulff aber zu betonen, dass jeder Einzelne von uns sich täglich für die Demokratie und Freiheit und Gemeinschaft einsetzen müsse, damit wir den Status Quo Deutschlands beibehielten, bestenfalls noch verbessern könnten.
Verfasst von Lisabeth Naemi Jähne, Fotos von Rüdiger Franz.


